05.03.2021, 19-20 Uhr: Live Tasting mit Katharina Wechsler
Katharina hat ihren Weinstil klar definiert: Leichte, elegante und fruchtbetonte Weine sollen es sein, Weine, die einfach Spaß machen zu trinken. Also beginnt jedes Jahr aufs Neue für sie ein Kunststück an den Rebstöcken um die Stilistik der Weine zu erhalten. „Das Grundmaterial der Natur kann nicht beeinflusst werden“, meint Katharina, „aber es ist die Aufgabe des Winzers herauszufinden, ob die Trauben schon so weit sind oder noch ein bisschen brauchen, um die perfekte Reife für die Ernte zu haben.“ Ab August geht sie also beinahe täglich in die Weinberge, um die Trauben zu probieren, sie zu begutachten, ihnen vielleicht auch gut zuzureden. Und um zu schauen, wie es um deren Gesundheitszustand bestellt ist.
Katharina erinnert sich an früher „Als ich damals meinen Eltern bei der Lese geholfen habe, da war es teilweise November und es war nass und kalt und wir kamen am Ende des Tages durchgefroren nach Hause. Heute ist das anders, vor allem in den letzten 5 Jahren haben wir so früh geerntet, da war es teilweise noch Hochsommer.“
Der Klimawandel macht ihr sehr zu schaffen, denn ein verrücktspielendes Wetter ist schlecht für die Reben. Zu laue Winter lassen die Triebe der Reben zu früh wachsen, da hat der Mai mit seinen Spätfrost Momenten noch gar nicht begonnen. Das ist ein großes Problem, denn die zu früh gewachsenen Triebe sind nicht dafür ausgerüstet, Spätfrost zu überstehen. Viele Winzer schlafen in kalten Mainächten schlecht, so auch Katharina.
Und dann sind da noch die zu heißen Sommer mit seinen Hitzewellen, welche die Trauben zu früh reifen lassen, sodass die Weine immer früher gelesen werden müssen. Aber auch andere Naturphänomene können einem Winzer schlaflose Nächte bereiten. „2017 zum Beispiel“, erinnert sich Katharina „Da hat ein Hagelsturm Ende August unseren halben Weinberg zerstört.“. Aber auch das hat sie nicht zum Aufgeben gebracht. Im Gegenteil, sie nahm es als Herausforderung.
So wie damals, als sie mit 30 ihren Job im Medienbusiness hinschmiss und zurück zu ihren Wurzeln ging. Denn aufgewachsen ist Katharina in einem landwirtschaftlichen Elternhaus, ihre Eltern bauten Getreide und auch Wein an. Nachdem sie als Quereinsteigerin ihre Ausbildung als Winzerin abgeschlossen hatte, übernahm sie den Familienbetrieb ihrer Eltern mit einem klaren Ziel: Sich auf das Wesentliche konzentrieren.
So wurde der landwirtschaftliche Betrieb zu einem reinen Weingut. Die Fässer im Keller wurden wieder kleiner, die Stilistik wurde noch einmal umgekrempelt und das Sortiment neu definiert. So setzte sie ihren Fokus auf bekannte Rebsorten, wie Riesling, Scheurebe und Burgundersorten, aber auch die von der Weinwelt weitestgehend ignorierte Rebsorte Huxelrebe kam bei ihr richtig zu glänzen und wurde mit ihren Perlweinen „Fräulein Hu“ und „Fräulein Hu Rosé“ sogar zu ihrem Aushängeschild.
Mit 17 ha Rebflächen und einer Produktion von 80 – 100 Tsd Flaschen im Jahr, sowie nach zahlreichen Auszeichnungen für ihre Weine hat sich Katharina Wechsler innerhalb kürzester Zeit einen Namen in Rheinhessen gemacht. Denn ihre Guts- und Lagenweine sind vor allem eins: bereichernd.
Trotz dieser Erfolge ruht sich Katharina nicht aus, denn sie hat klare Ziele und Visionen, wo sie mit ihrem Betrieb hinwill.
Flächenmäßig möchte sie nicht mehr wachsen, sondern ihren Fokus noch mehr auf die Qualität setzen. „Gerade in der heutigen Zeit haben viele Menschen erkannt, wie schön Deutschland eigentlich ist, und ich möchte mit meinem Weinbetrieb dazu beitragen und ein ganzheitliches Weinerlebnis schaffen.“ Für Katharina bedeutet das mehr Veranstaltungen, mehr Weinproben, mehr Erlebnisse auf ihrem Weingut. Das ist ihr Wunsch, wenn die Pandemie endlich vorbei ist.
Diese hat auch ihren Betrieb hart getroffen. Ihre klassische Gastroweine wurden wesentlich weniger verkauft und alle Messen, Märkte und Weinproben, die sonst jährlich stattfanden, fielen flach.
Doch das wenige unterwegs sein, der wenige Austausch hat auch eine schöne Seite, findet Katharina: „Wenn die Pandemie endlich vorbei ist, werden wir alle die persönliche Begegnung wieder viel mehr zu schätzen wissen.“
Trotz des wirtschaftlich gesehen schweren Jahres arbeitet Katharina fleißig weiter daran, ihren Betrieb weiterzuentwickeln. Ab 2021 darf sie ihre Weine offiziell als biologisch hergestellt deklarieren. Vegan hergestellt sind sie sowieso schon lange. Damit geht Katharina mit der Zeit und mit dem Verständnis, dass die Natur zwar des Winzers größte Sorge aber auch größtes Gut ist.
Ein weiterer Fokus legt sie auf ihre sehr beliebten und spannenden Naturweine. Die Weine sind deswegen so besonders, da sie ungefiltert und ohne Zusätze verarbeitet werden. „Diese Weine haben die Freiheit so zu sein, wie sie möchten.“, sagt Katharina und ist dabei besonders stolz auf ihren Naturwein Sexy MF, welcher ihr Lieblingswein aus ihrem Sortiment ist. „Ich freue mich jedes Jahr aufs Neue, wenn der neue Jahrgang von Sexy MF fertig ist, weil der macht mir unglaublich Spaß und der wird sehr gerne getrunken.“. Aktuell ist der Wein bei ihr komplett ausverkauft, so müssen wir uns alle bis Februar noch gedulden. Dann sind die neuen Jahrgänge fertig und bereit für die weite Welt. 2020 war für den Weinanbau ein gutes Jahr, wir können uns daher auf einiges freuen, was da noch kommt.
Katharina ist der Beweis, dass die alte Denke, der Weinbau wäre eine reine Männer-Domäne, völlig überholt ist. „Wenn man sich die Nachwuchs-Winzer an den Unis und Fachschulen anschaut, dann ist die Verteilung Männer und Frauen oft sogar 50/50.“ Sie mag es gar nicht, wenn man den Fokus darauf legt.
. „Ich freue mich viel mehr darüber, wenn man mich als Unternehmerin schätzt als dafür, dass ich eine Frau bin.“
Und damit hat sie natürlich völlig Recht. Katharina Wechsler hat es allen gezeigt, mit viel Mut, Fleiß und Fokus hat sie Weine geschaffen, die nicht mehr aus der Weinwelt wegzudenken sind.
Text by Steffi von Le Kork